Krise als Chance – Stimmt das?

Die Welt zerbricht jeden,
und nachher sind die meisten an den gebrochenen Stellen stärker.
Ernest Hemingway
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Krise ist ein produktiver Zustand.
Man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.
Max Frisch


Krisen. – Sie kommen unvorbereitet. Keiner mag sie und doch gehören sie zu unserem Leben dazu. Es ist, als hätten wir mit ihnen auf der Reise unseres Lebens eine ganz besonders interessante „Attraktivität“ dazu gebucht, ohne uns dessen bewusst zu sein. Das Problem ist nur, dass sie so gänzlich unverhofft in unser Leben drängen. Sie geschehen, ohne dass wir gefragt werden, ob wir an dieser Art von Sonderveranstaltung interessiert sind. - Oder doch? - Wie kommen wir aus diesen Krisen „ungeschoren“ davon? .... Heißt es nicht, dass wir unser Schicksal selbst in der Hand haben? - Dass wir mit unserem Charakter unser Schicksal bestimmen? - Dass wir dabei Gutes und weniger Gutes anziehen, je nachdem worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten? .... Derzeit scheint uns unser Schicksal an die Hand zu nehmen, um zu verändern, was der Veränderung bedarf. .....

Sind wir als Menschheit in eine Sackgasse geraten, aus der uns unser Schicksal nun befreien will? - Sind wir im Kleinen (jeder einzelne von uns) wie im Großen (gesamtgesellschaftlich gesehen) weltweit einem falschen Weg gefolgt? - Haben wir uns dabei selbst verloren? Heißt es nicht, das Schicksal meint es gut mit uns? - Es gibt so Vieles, was wir in Zeiten von Schicksalsschlägen und Krisen nicht erklären können.

Doch so fest wie uns die Krise in der Hand hat, sind wir aufgefordert durch diese hindurchzugehen. Sollen erkennen, was wir falsch gemacht haben. Sehen lernen, wo wir vom Weg abgekommen sind. Tun wir dies, können wir tatsächlich aus der Krise für die Zukunft lernen und ihr, wie es Max Frisch sagt, den Beigeschmack der Katastrophe nehmen. Doch damit dies geschieht, ist jeder einzelne von uns gefragt. Nutzen wir die Zeit effektiv, kann Veränderung, Transformation und Heilung geschehen.  

Schriftsteller, Literaten wie Ernest Hemingway, Max Frisch und noch viele andere große Persönlichkeiten der letzten Jahrhunderte lassen mit ihren Aphorismen, die sie uns als eine Art Vermächtnis hinterlassen haben, in uns im Hinblick auf das Phänomen einer Krise die Hoffnung aufkeimen, dass in jeder Krise bereits etwas Positives angelegt ist. Und letztlich zeigt uns zum Glück auch die Geschichte der Menschheit auf, dass es bei jeder Krise trotz anfänglichem Chaos irgendwie immer wieder weitergeht. Wenn auch anders als zuvor, denn eine wesentliche Aufgabe der Krise ist es, all das aufzulösen und zu zerstören, was uns nicht länger dient.

Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen. Das eine Zeichen bedeutet Gefahr, das andere Gelegenheit. - Gelegenheit wozu? – Das herauszufinden liegt an uns. Hier ist jeder Einzelne von uns gefragt. Wir müssen uns bewusst darüber werden, dass letztlich jeder von uns irgendwie seinen Beitrag zum großen Ganzen des Weltgeschehens geleistet hat. Ob uns dies so gefällt, das sei dahingestellt.

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Lassen sie mich dazu mit Betrachtung meiner eigenen Krise ein Beispiel geben, wie mich mein Schicksal herausgefordert hat, um mich endlich dazu zu bringen, aufzuwachen und zu erkennen, wie ich selbst sowohl bewusst als auch unbewusst zu meiner Krise beigetragen habe. Anfangs habe ich mich noch dagegen gewehrt, dass ich selbst der vermeintliche Verursacher sein soll. Es wäre doch viel einfacher gewesen, dem einen oder anderen die Schuld für dieses und jenes zu geben. Aber ich konnte die Geschichte drehen und wenden, letztlich hat sie mich immer und immer wieder zu mir selbst zurückgeführt. - Ja, ich weiß, es hört sich nicht schön an, wenn man gesagt bekommt, dass man selbst Täter und Opfer zugleich ist. Kann ich sehr gut verstehen, dass einem dieser Gedanke nicht gefällt, denn schließlich habe ich´s für mich selbst erlebt.

Lange habe ich überlegt, ob ich für dieses Beispiel mit meinem Namen stehen will. Im Grunde genommen ist es jedoch egal, denn ein Name ist nur ein Name. Nicht weniger, nicht mehr. Wenn ich dafür aber jemandem helfen kann, dann ist es mir dieses Bekenntnis zu meinen Fehlern wert. Schließlich sind wir alle hier, nicht um ein Geheimnis aus unseren Fehlern zu machen, sondern um aus ihnen zu lernen. Und außerdem weiß ich heute: Wenn´s weh tut, dann betrifft es nicht mein wahres Selbst, sondern dann fühlt sich nur und ausschließlich mein Ego verletzt. Und damit kann ich wiederum leben, denn letztlich ist es das Ego, das durch die Krise „sterben“ soll. Schließlich hat es mich auf die Irr-Wege gebracht, die ich mir jetzt einmal aus anderer Perspektive heraus anzuschauen habe. Und dabei gibt es so manches zu entdecken, wie mein bisheriges Leben zeigt.


Was soll denn diese Krise? – Was bitte will sie von mir? – Habe ich sie gerufen?

Die Krise, die ich mit knapp 55 Jahren erlebt habe, forderte mich auf, meinen bisherigen Lebensentwurf, mein ganzes Denken, Handeln und Sein in Frage zu stellen. Es war wie ein Höllenschlund, der sich vor mir auftat. Und ich fiel direkt hinein. Konnte nichts stoppen. Ob ich wollte oder nicht, ich musste genau in dieses schwarze Loch hinein. Es schien keinen anderen Weg mehr zu geben als den, den ich vor mir sah. Und dieser Weg war ein sehr schmaler Grat. - Ein falscher Tritt. Und ich falle noch tiefer in diese schwarzen Untiefen hinein. – Was ist los? – Was soll ich hier? - Warum muss ich da durch? - Wollte ich das so? - ??? -

Dieses schwarze Loch forderte mich auf, in meinem Leben die Pause-Taste zu drücken. Innezuhalten. Einen Schritt zurückzutreten. Die Situation auszuhalten. Die Leere auszuhalten. Mich auszuhalten. - Ja, Sie lesen richtig. Mich selbst auszuhalten und mir anzusehen, was ist. Was ich mir da erschaffen hab. Es will, dass ich mir mein bisheriges Leben ganz genau ansehe, damit ich erkenne, wann genau ich von meinem Weg abgekommen bin. Damit ich erkenne, in welchen Sog ich da geraten bin. Damit ich erkenne, was es zu korrigieren gilt. Dass ich aus meinen Fehlern lerne und dass ich die notwendigen Schritte der Veränderung gehe. Denn mein Leben schreit förmlich danach, dass es so NICHT weitergeht. - Was tun? - Verzweiflung? - Resignation? - Aus dem Leben gehen? - Weitergehen? ...


Was hat eine Krise mit Krankheit und Tod gemeinsam?

Krise, Krankheit, Tod – Wir haben sie verdrängt. Aus unserem Alltag, aus unserem Leben. Aus unserem Bewusstsein. Keiner will sie haben. Sie führen ein Schatten-Dasein. Dabei haben sie uns so Vieles zu sagen. Sie wollen mit uns eintreten in einen Dialog. Wollen mit uns kommunizieren. Fordern uns auf, uns näher mit ihnen zu befassen. Sie uns anzusehen. Ihre Botschaft zu verstehen. Sie fordern uns auf, uns ihrer bewusst zu werden. Sie wieder in unser Leben, in unser Sein zu integrieren. Denn trotz ihres bitteren Beigeschmacks gehören auch sie zum Leben insgesamt dazu. Sie wollen nicht ausgeklammert werden. Schließlich haben sie uns viel zu lehren. Doch um ihre Sprache, ihre Worte zu verstehen, bedarf es sehr viel Mut, Ausdauer und Geduld. Ihre Bewältigung kann uns gelingen, wenn wir bereit sind, in den Schmerz, den sie mit sich bringen, hineinzugehen, auf unsere innere Stimme zu hören und uns ihrer Führung anzuvertrauen.
 
Ihr Weg führt uns – so mein Erleben – direkt in die Höhle des Löwen hinein. Es dauerte seine Zeit, bis ich verstanden hatte, wer dieser „Löwe“ war: mein Unterbewusstsein. Ihm stand ich völlig entwaffnet, nackt und mittellos gegenüber. Mit weit aufgerissenem Maul ließ es mich in seinen „Löwen-Schlund“ („Höllen-Schlund“) schauen und fauchte mich mit Gift, Galle und Feuer-speiendem Atem an. Sie können sich vielleicht vorstellen, wie es mir bei diesem Anblick die Luft zum Atmen nahm. Ich fühlte mich fürs Erste mehr tot als lebendig. Voller Angst und am ganzen Körper zitternd wich ich anfangs vor diesem Ungeheuer zurück. Meine erste Reaktion: Panik und Flucht als könnte ich vor ihm fliehen. – Es dauerte seine Zeit, bis ich in gebührendem Abstand zu ihm einen Platz fand, der mir so viel an Sicherheit bot, dass ich mich auf das, was unvermeidlich war, einlassen konnte. .......

Natürlich entspringt dieses Bild meines Sturzes in die Höhle des Löwen meiner Fantasie, doch es beschreibt am ehesten meine Gefühle sowie die Angst vor all dem Unbekannten, dem ich mich gegenübersah. So wie einem das Brüllen des Löwen durch Mark und Bein gehen kann, so bebte und zitterte auch ich am ganzen Körper. Musste erst lernen, mit all dem umzugehen, denn in dieser Höhle war nicht nur der Löwe. - Nein! – Da gab es noch so viele andere Fratzen und Gestalten. So viele Geister, die ich mit meiner Angst scheinbar heraufbeschwor. Sie alle sahen mich mit weit aufgerissenen Augen an. Zunächst erweckte es den Anschein, als hätten sie sich am liebsten gleich alle auf mich gestürzt. Zum Glück bewahrte mich mein Zusammenbruch davor und gewährte mir noch etwas Schonfrist.

Die unbändige Kraft dieser Geister, denen ich mich gegenübersah, erinnerte mich an meinen Lieblingshelden Odysseus aus Kindertagen. Wie er - auf seiner Rückreise nach Ithaka - sah auch ich mich einer Flut von Gefahren ausgesetzt. Lauerte auf ihn Skylla mit ihrem angsteinflößenden Heulen einer Hündin (ein Monster mit zwölf Armen und sechs Köpfen mit spitzen, scharfen Zähnen, die den Tod versprachen), so sah ich mich gegenüber dem zornentbrannten Löwen und all den Geistern ebenso in Gefahr. ..... Doch so wie Odysseus keine andere Wahl hatte, als den Weg durch die Meerenge vorbei an Skylla zu nehmen, sah auch ich keine andere Wahl, als mich dem Unvermeidlichen hinzugeben, auch wenn ich nicht wusste, welche Ängste und Schrecken meine Geister unter ihren fratzenhaften Masken trugen, die sich mir erst nach und nach zu erkennen gaben. Das einzige, was mir Trost versprach, war, dass die Geschichte meines Helden gut ausging. Und so hoffte ich, dass auch meine Reise gut ausgeht.

Man muss durch die Nacht wandern,
wenn man die Morgenröte sehen will.
Khalil Gibran


Wir sterben in unserem Leben nicht nur einen Tod

In Wirklichkeit ist jede Krise vergleichbar mit einem „kleinen Tod“. Krise und Tod verlangen von uns ein Hineingehen in die Welt der Schatten, in die Welt des Unbewussten. Sie bringen uns in tiefen Kontakt mit unseren Ängsten. Zeigen uns, was wir nur allzu gerne verdrängen. Konfrontieren uns mit dem, was wir nicht gerne sehen. Auch Odysseus, mein Held, stieg hinab in den Hades, in die Unterwelt. - Und je mehr wir aufgefordert sind, in dieses Unbekannte, in diese dunkle Welt hineinzugehen, fordert sie uns auf, alles, was die äußere Welt repräsentiert, loszulassen. Und dieses Loslassen konfrontiert uns mit viel Trauer und Schmerz. So wie der Tod läutet auch jede Krise einen Abschied ein. Da gibt es kein zurück. Eine Krise verlangt Abschied nehmen. Abschied von Menschen, Arbeitsplätzen, Lebenskonzepten, Selbstbildern und noch so viel mehr.

Und wie in einem Sterbeprozess durchlaufen wir in der Krise vier unterschiedliche Phasen, die uns letztlich aber wiederum zu ihrer Bewältigung dienen. Dabei gehen wir Schritt für Schritt, jeder für sich in seinem Tempo, den Weg vom anfänglichen Chaos über die Dysbalance wieder zurück in die Balance.

Phase 1: Verleugnung, Verdrängung, Nicht-Wahr-Haben Wollen: mit allerletzter Kraft bäumen wir uns gegen das Unvermeidliche auf. Wir wollen es nicht wahrhaben, setzen uns zur Wehr. Aussagen wie „Es kann nicht sein, dass ...“, „Ich bin nicht krank“ ... begleiten diese Phase, in der geleugnet wird, was nicht mehr zu leugnen ist. Wir scheuen die Konfrontation mit dem Thema unserer Krise (Krankheit, Verlust, Trennung, Tod ...).

Phase 2: Ist das Unausweichliche zu unserer Realität geworden, dann folgt der Zusammenbruch und mit ihm brechen im wahrsten Sinne des Wortes unsere Gefühle auf. Wir fühlen uns ohnmächtig, sind frustriert, fühlen uns vom Leben verraten, ungerecht behandelt. Gefühle wie Wut, Angst, Verwirrung, Unsicherheit, Selbstzweifel, Schuld, Scham etc. brechen aus uns hervor. Wir verlieren die Kontrolle. Werden mit unseren Ängsten konfrontiert und hadern mit dem Schicksal: „Warum geschieht das ausgerechnet mir?“, „Was habe ich getan, dass ...?“

Dann, nach all der Zeit der Trauer, des Beweinens, der Verzweiflung, der Hoffnungs- und Orientierungslosigkeit beginnen wir uns nach und nach im Leben wieder ganz vorsichtig zurechtzufinden.  

In Phase 3 kommen wir langsam wieder zur Ruhe. Unser aufgebrachter Geist beruhigt sich. Wir lernen, immer weniger mit unserem Schicksal zu hadern, stattdessen nehmen wir es an. Wir stellen uns Fragen wie: Was kann ich aus dieser Krise lernen? – Worin besteht ihr Sinn? – Was will sie mich lehren?

In Phase 4 schauen wir uns die Antworten an und überlegen, in welche Richtung wir weitergehen. Wir gehen positiv mit der Krise um, sind an einer Neufindung, an einem Neustart, an Lösungsmöglichkeiten interessiert. Suchen nach Alternativen und orientieren uns neu. Nach und nach schöpfen wir wieder Kraft, finden wieder neuen Mut. Balance stellt sich wieder her.

Nach und nach merken wir, dass all das, von dem wir einst glaubten, dass es unser Leben zerstört, immer mehr zum „Geburtshelfer“ für eine zweite und weitaus schönere und reellere Chance Leben wird. Und so wie wir dies immer mehr erkennen, können wir rückblickend auf die vergangenen Ereignisse eines schönen Tages sogar sagen: Das Leben ist immer FÜR uns.

Wenn dieser Satz zutrifft, kann ich dann in einer Krise auch eine Chance sehen? - Kann es sein, dass das Leben tatsächlich immer für uns ist? - Ausnahmslos? - Auch in der Krise? - In einer Krise wie dieser, die uns alle weltweit betrifft? - Wie passt das zusammen? - Ist es nicht ziemlich naiv, im Hinblick auf eine solche Krise eine derartige Behauptung aufzustellen und diese dann auch noch öffentlich vertreten zu wollen? - Ist das nicht Irrsinn? - Blanker Hohn? - ??? …

Ob eine Behauptung wie Das Leben ist immer FÜR uns zutreffen mag, das kann letztlich nur jeder von uns selbst entscheiden.

Stehen wir am Anfang einer Krise, dann erschüttert uns diese durch Mark und Bein. Schließlich bringt sie unser gesamtes Lebenskonzept durcheinander und führt im Falle von Corona weltweit zu sehr viel Kummer und Leid.

Um es mit einem Bild zu sagen: Das Schiff unseres Lebens gerät derart ins Wanken, sodass Schieflage und Untergang drohen. Man sieht sich nur noch einem gewaltigen Sturm gegenüber, der scheinbar unaufhaltsam ins Chaos führt. Das einzige, was bleibt, ist die Frage: Was war der Auslöser dafür? – Ungewollt werden wir mit einer gewaltigen Wucht aus dem bisherigen Leben herausgerissen und auf eine „Reise“ geschickt, die so (!?) keiner von uns jemals gebucht hat. - Aber warum? – Was ist Sinn und Zweck dieser Krise? - Was ist da irgendwann passiert, dass alles, was wir uns bis zu einem bestimmten Punkt erarbeitet haben, auf einmal nicht mehr funktioniert, sondern wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt. - Oder mit einem anderen Bild gesagt: Wer hat den ersten Dominostein bewegt, der jetzt für uns alle zu diesen Ausmaßen einer weltweiten Katastrophe führt.

Die Welt sucht nach einem Schuldigen im Außen. Irgendjemand muss doch für diese gigantische Misere verantwortlich zu machen sein. Doch was, wenn der ursprüngliche Verursacher nicht im Außen, sondern in jedem von uns selbst zu suchen ist? - Wenn jeder von uns bewusst wie unbewusst im Kleinen wie im Großen irgendwie an dem Ganzen seinen Beitrag geleistet hat? - Eine Provokation meinerseits?

2016 war ich in einer Lebenssituation, die für mich persönlich ähnliche dramatische Ausmaße hatte wie die Krise, die wir derzeit erleben. Daraus ergibt sich für mich heute der Vorteil: die jetzige Krise tut mir nicht mehr weh. Ich kann zuversichtlich auf sie schauen, weil ich so gut wie nichts mehr zu verlieren hab. Tränen sind diesbezüglich mehr als genug geweint. Panik, Angst, nicht zur Ruhe kommen, keinen Schlaf finden usw. das habe ich vor vier Jahren zur Genüge erlebt. Ich stand vor dem Aus und weiß, wie sich dies anfühlt.

Die Angst und Not vieler Menschen, die derzeit vom Schicksal auf Herz und Nieren geprüft werden, kann ich sehr gut nachvollziehen und verstehen. Ich fühle mit ihnen, weil ich nur zu gut weiß, was sie derzeit erleben. Ich weiß und kann es förmlich fühlen, durch welchen Schmerz diese Menschen gerade gehen. Welche Wüste sie gerade durchwandern. Durch welches tiefe Tal der Ohnmacht und Verzweiflung sie gehen. ....

Und ich bin nicht die einzige, die ein derartiges Schicksal namens Krise mit ihnen teilt. Ich habe viele kennengelernt, denen es ähnlich geht. Manche noch sehr jung an Jahren. Krise kennt weder Alter, noch sozialen Status, noch Geschlecht. Krise hat gänzlich anderes im Sinn. Krise will aufbrechen. Krise will demaskieren. Krise will wandeln. Krise will Erneuerung. Krise will, dass wir endlich die Komfortzone verlassen, in der wir es uns schon viel zu lange eingerichtet haben. Sie schickt uns zunächst auf einen mitunter sehr dramatischen, auf alle Fälle einen sehr unbequemen und harten Weg. Einen sehr steinigen Weg. Einen Weg, den so freiwillig keiner wählen würde. Und doch haben wir ihn zu gehen.

Heute, vier Jahre nach meinem persönlichen Kollaps kann ich sagen: Das Leben bricht uns auf, um unser falsches Denken und Handeln zu korrigieren. Wenn wir im Leben da angekommen sind, dass wir in uns über genügend Ressourcen verfügen, um mit krisenhaften Situationen bewusster umgehen zu können und aus ihnen bzw. unseren Fehlern zu lernen, dann will Leben von uns, dass wir mehr an Verantwortung übernehmen, dass wir uns unseres Denkens und Handelns, ja selbst unseres Sprechens bewusster werden. Dann will Leben von uns Entwicklung und Wachstum.

Doch Wachstum wohin? - Noch mehr Leistungs- und Profitdenken? - Noch mehr Wirtschaftskriminalität? - Noch mehr Kriege, persönliche Konflikte, Vorurteile? - Noch mehr Konsumdenken, Konkurrenzdenken, Vergleich, sozialer Neid? - Noch mehr Gier, Heuchelei und Selbstsucht? - Noch mehr Missbrauch und Gewalt? - Noch mehr Tier Leid und Artensterben? - Noch mehr Umweltverschmutzung und Raubbau auf unserem Planeten? - Noch mehr debattieren, kritisieren, diskutieren, jammern und streiten? - Noch mehr Oberflächlichkeit? usw. – Ergibt das hier alles denn überhaupt noch einen Sinn? - Heißt das hier wirklich Entwicklung und Fortschritt?

Welche Art Mensch muss hier geboren werden, der ein solches Leben noch lebens- und liebenswert finden kann? - Will man deshalb den Menschen klonen, um noch mehr Macht über ihn zu haben? - Brauchen wir dafür die Impfpflicht? usw. - Können wir Menschen als soziale Wesen und hoch entwickelte Spezies noch länger so nach diesen Maximen unbewussten Handelns leben?

Wofür bricht uns die Krise auf? - Welche Rolle übernimmt der Virus dabei? - Er setzt unser Leben zurück, um uns absichtlich zu stoppen, damit wir alle miteinander gefordert sind, innezuhalten und uns anzusehen, was wir da tagein tagaus erschaffen. - Er will, dass wir uns bewusst machen wie bewusst bzw. wie unbewusst wir unser Leben leben. - Lässt sich ein derartiges Leben denn überhaupt noch Leben nennen, oder haben wir uns alle nur noch im Betriebsmodus des bloßen Funktionierens verloren?

Was will Leben wirklich? - Was gehört zu einem wirklich guten Leben dazu? - Ist der Virus eine Einladung im Sinne von: Back to the roots? - An welcher Stelle in unserem Leben haben wir aufs falsche Pferd gesetzt? - Wo sind wir falsch abgebogen? - Wo haben wir angefangen, die ungesunden Entscheidungen zu treffen? - Mit diesen und noch so manch anderen Fragen wurde ich bereits 2016 konfrontiert. Seitdem lerne ich für mich jeden Tag a bisserl mehr dazu, um besser zu verstehen, was Leben wirklich von mir will.

Auf meine Art und auf der Grundlage meiner Herausforderungen habe ich nach Antworten gesucht. Das, was ich für mich dabei erfahren konnte, teile ich mit dem Leser in meinem Buch Meine Seele will fliegen. Raus aus der Ohnmacht – rein in die Schöpferkraft! - Vielleicht kann meine Geschichte auch anderen helfen. Vielleicht können sie an meinem Beispiel lernen und müssen letztlich nicht so lange wie ich in einem Zustand von Desorientierung, Angst, tiefer Verzweiflung und Verunsicherung bleiben. ..... - Ich wünsche es ihnen!


In Licht & Liebe
Hermine Merkl